Delphi war eine Stadt im antiken Griechenland, die vor allem für ihr Orakel bekannt war. Seit 1987 gehören die Ausgrabungen von Delphi zur Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
Westlich der Ruinen des antiken Delphi befindet sich die moderne Kleinstadt Delfi.
Lage
Delphi liegt nördlich des Golfs von Korinth in der heutigen Region Mittelgriechenland auf einer halbkreisförmigen Berglehne in einer Höhe von ca. 700 m am Fuße des Parnass und oberhalb des Tals des Pleistos-Flusses. Zur Küste sind es etwa 15 Kilometer. In der Nähe liegen die Orte Galaxidi und Arachova sowie das Kloster Hosios Lukas.
Geschichte
Der Name Delphi leitet sich eventuell vom griechischen Wort (delphys) für "Gebärmutter" ab und könnte auf eine alte Verehrung der Erdgöttin Gaia hinweisen - ein Bezug, der der Antike allerdings unbekannt war. Vermutlich befand sich hier zudem ein Zeus-Heiligtum. Ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. setzte sich in Delphi dann die Verehrung des Apollon durch und das Orakel entwickelte sich. Nach der geflügelten Schlange Python, die Apollon dem Mythos zufolge hier getötet haben soll, war Delphi zunächst unter dem Namen Pythobekannt, ein Name, der in der Dichtung weiterlebte, ansonsten ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. zunehmend durch den Namen Delphi ersetzt wurde. Nach einem Brand in den Jahren 548/47 v. Chr. wurde ein neuer Tempel für Apollon errichtet. Als dieser 373 v. Chr. durch einen Bergsturz zerstört wurde, erfolgte ein weiterer Neubau.[1] Die panhellenischen Wettkämpfe von Delphi waren nach jenen von Olympia die bedeutendsten, und bald wurden zudem Schatzhäuser errichtet, in denen die zahlreichen kostbaren Weihegeschenke an den delphischen Apollon aufbewahrt wurden.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Schätze war die Kontrolle des Heiligtums von erheblicher Bedeutung. Zunächst stand Delphi unter der Vorherrschaft von Krisa. Im Ersten Heiligen Krieg (600-590 v. Chr.) unterlag Krisa einem Bündnis von Thessalern, Sikyonern und Athenern, und Delphi gelangte unter die Kontrolle der Amphiktyonen (ein Bund griechischer Staaten, die gemeinsam Delphi beaufsichtigten), die bis zur makedonischen Eroberung im 4. Jahrhundert v. Chr. andauerte. Ab etwa 500 v. Chr. war hiermit auch die Prägung eigener Münzen verbunden. Ab 277 v. Chr. kontrollierte dann der Aitolische Bund für knapp ein Jahrhundert Delphi.
In römischer Zeit nahm die wirtschaftliche und kultische Bedeutung Delphis allmählich ab. Einige römische Kaiser ergriffen im 1. und 2. Jahrhundert Maßnahmen, um den Abstieg Delphis aufzuhalten, und bewirkten jeweils kurze Blütephasen. Kaiser Nero soll rund 500 Statuen aus Delphi entfernt haben, um damit eigene Bauten zu schmücken. Anfang des 2. Jahrhunderts war der Schriftsteller und Philosoph Plutarch rund 20 Jahre lang Priester in Delphi und verfasste auch mehrere Schriften über das Orakel. In der Mitte des 2. Jahrhunderts stiftete Herodes Atticus ein neues Stadion, das letzte Großbauprojekt in Delphi. Das Heiligtum blieb bis zum Verbot der heidnischen Kulte durch den römischen Kaiser Theodosius I. im Jahr 392 n. Chr. eine vielbesuchte Pilgerstätte. Die Orakeltätigkeit scheint bereits einige Jahre früher geendet zu haben.
Mit dem Ende des Orakels und der Schließung des Tempels endete jedoch nicht die Existenz der Siedlung, die sich mit bescheidenen Bauten beginnend seit klassischer Zeit um das Heiligtum herum entwickelt hatte. Ihre in römischer Zeit errichteten Häuser, die mit Bädern und Mosaiken von einem gewissen Wohlstand ihrer Besitzer zeugen, wichen im 5. Jahrhundert meist bescheideneren Bauten und Werkstätten. Die nun überwiegend christliche Bevölkerung, die von handwerklicher Produktion lebte, errichtete ab etwa 450 n. Chr. drei Basiliken. Während eine in Fundamenten erhaltene und mit Mosaiken ausgestattete Basilika aus dem 6. Jahrhundert im Bereich der modernen Ortschaft lag, eine weitere, um 550 n. Chr. errichtete im Bereich des in Richtung Kastalischer Quelle gelegenen Gymnasiums stand und dort den Platz der zuvor niedergelegten Palästra einnahm, kann die Lage der dritten, im späten 5. Jahrhundert errichteten Basilika nur vermutet werden. Möglicherweise befand sie sich als Bischofsbasilika auf der auch in christlicher Zeit noch genutzten und von Wohnbebauung freigehaltenen römischen Agora, die sich neben dem südöstlichen Eingang zum Heiligtum befand, oder auf der Terrasse nördlich des Apollontempels. Eine Umwandlung des Tempels selbst in eine christliche Kirche kam nicht in Betracht, weil er zu dieser Zeit bereits zu großen Teilen baufällig war. Die erhaltenen Bauglieder und Skulpturen der Basilikabauten zeugen von einem gewissen Wohlstand der christlichen Bevölkerung Delphis.
Im letzten Viertel des 6. Jahrhunderts ist ein plötzlicher Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, der entweder mit einer ersten Invasion der Slawen in Verbindung zu bringen ist oder wirtschaftliche Gründe als Ursache hatte. Anzeichen für eine umfangreiche Zerstörung im Rahmen einer Invasion fehlen jedoch, die wenigen nachgewiesenen Schäden, die mit dem Ereignis zusammenhängen könnten, wurden behoben und die Siedlung bestand noch einige Jahrzehnte fort. Auf schlichterem Niveau nahmen auch die handwerklichen Betriebe ihre Produktion wieder auf. Der jüngste Münzfund aus Delphi ist eine Prägung des Phokas aus dem Jahr 607/608, die jüngsten Keramikfunde stammen aus den ersten beiden Jahrzehnten des 7. Jahrhunderts. Dann scheint die Siedlung, die wohl keine wirtschaftliche Grundlage mehr bot, freiwillig aufgegeben worden zu sein. Gänzlich verlassen war das Areal dennoch nicht, wie ein byzantinischer Münzfund, eine Prägung des Johannes Tzimiskes aus dem 10. Jahrhundert, zeigt. Im Mittelalter entstand über den Ruinen das Dorf Kastri.
1892 begannen französische Archäologen von der École française d'Athènes mit den Ausgrabungen der antiken Ruinen, in deren Verlauf die Bewohner von Kastri an die Stelle des modernen Dorfes Delphi (Delfi) umgesiedelt wurden.
Mythologie
Delphi galt den Menschen der Antike als der Mittelpunkt der Welt. Dem Mythos zufolge ließ Zeus zwei Adler von je einem Ende der Welt aufsteigen, die sich in Delphi trafen. Der genaue Ort wurde durch den Omphalos (gr. "Nabel") angezeigt.
Die Erdmutter Gaia vereinigte sich mit dem Schlamm, der nach dem Ende des Goldenen Zeitalters von der Welt übrig blieb, und gebar Python, eine oft auch als "Drache" bezeichnete geflügelte Schlange, die in der älteren Überlieferung weiblich, erst in späterer Zeit als männlich gedacht wurde. Python hatte hellseherische Fähigkeiten und lebte an dem Ort, der später Delphi heißen sollte.
Hera, die Frau des Zeus, war eine Enkelin Gaias. Gaia prophezeite ihrer eifersüchtigen Enkelin, dass Leto, ihre Nebenbuhlerin und eine der Geliebten des Zeus, dereinst Zwillinge (Artemis und Apollon) gebären würde, die größer und stärker als alle ihre Kinder seien. Python prophezeite sich selbst, dass Apollon ihn töten würde, also zog er los, um Leto zu töten, fand sie aber nicht, da sich diese auf der Insel Delos versteckte. So gebar Leto ihre Kinder und Apollon begann Python zu jagen. Er stellte ihn bei Delphi und tötete ihn. Durch das vergossene Blut Pythons übertrugen sich dessen hellseherische Fähigkeiten auf den Ort. So wurde Delphi der Kontrolle Gaias entrissen und befand sich fortan unter dem Schutz Apollons.